Leseprobe aus meinem Buch: „Die Freiheit der Gedanken ist der Schlüssel zum Glück!“, das Sie hier! bestellen können.
Um noch etwas deutlicher zu machen, wie weit sich der systemische Gedanke entfalten kann und wie die genannten Aspekte auch in ganz einfachen Situationen Wechselwirkungen entwickeln, möchte ich hier ein kleines Beispiel anführen. Ich habe bewusst diesen einfachen Fall gewählt, weil er geradezu prädestiniert ist, bestimmte Denkmuster zu entlarven:
In einer Zeit, die uns an allen Ladenkassen mit Bildern von Tumoren auf Zigarettenpackungen konfrontiert, kann man zu Recht fragen, wer das ästhetische Empfinden aller opfert, um das Genussverhalten Einzelner zu manipulieren, und welche Zielsetzung wir dahinter vermuten können. Zivilisatorische und ästhetische Rückschritte einzig und allein mit gesundheitlicher Vorsorge zu erklären, scheint mir zu kurz zu greifen.
Diese Verrohung, und damit auch die Ablehnung von Ästhetik, betreiben dieselben Verantwortlichen, die uns auch andere Werbung verbieten wollen – mit dem Vorwurf des „Sexismus“ oder der „Irreführung“.
Dabei ist Werbung eigentlich die Verneigung eines Unternehmens vor der Entscheidungsfähigkeit der Erwachsenen. Und sie kann niemals auf das Element der kreativen Phantasie, der schöpferischen Übertreibung, der Überhöhung oder sogar der Mystifizierung verzichten. Reale Darstellungen sind keine Werbung. Erst die Fiktion, verstanden als Imagination des Realen in einer überhöhten Erscheinungsform, erzeugt die Begehrlichkeit, als Ausdruck der Wünsche und Visionen von uns Menschen.
Dies zu begrenzen würde heißen, dem menschlichen Begehren Fesseln anzulegen und sich ständig in der Banalität des ordinären Seins zu bewegen. Wer das möchte hat nicht verstanden, was Sinn und Zweck von Kultur ist: Menschliches Sein im Optimum zu imaginieren, wissend, dass diese hehre Idee niemals wirklich erreichbar ist und sich immer wieder neu erfinden und manifestieren muss. Wer einmal in Rom die Sixtinische Kapelle besucht hat müsste es wissen – Michelangelos riesiges, fantastisches Deckengemälde verdeutlicht die Idee perfekt: Eine überhöhende Visualisierung menschlicher Vorstellungen und Fantasien, jenseits der Normalität, voller Kraft, Dynamik, Schönheit und Erhabenheit. Mit der realen Welt hat dieses Werk nichts zu tun – und das muss so sein! Denn eine „realistische“ Wiedergabe von Seinszuständen bekommen Sie heute auf Youtube, Facebook und Instagram zur Genüge. Ob das unser kulturelles Niveau erhöht, soll jeder – als erwachsen denkender Mensch – selbst entscheiden.
Erst wenn politische Entscheider den Konsumenten infantilisieren, machen derartige pädagogische Restriktionen in sich Sinn. Dabei entstehen sie aus einer bedenklichen Haltung heraus: Die einen Erwachsenen wollen den anderen Erwachsenen vorschreiben, wie sie leben sollen! Dieser Paternalismus ist leider sehr weit verbreitet, hatte aber noch nirgends auf der Welt dauerhaften Erfolg, denn er verwandelt Erwachsene in pädagogisch Bedürftige. Die kulturellen und zivilisatorischen Auswirkungen, die sich daraus ergeben, erinnern eher an frühere, düstere Epochen als an Zeiten, in denen die Freiheit des Individuums, des Gedankens, der Rede und der Bilder höchste Priorität genießt – und damit auch der individuelle künstlerische und phantasievolle Ausdruck des menschlichen Seins. Einer modernen Gesellschaft steht so etwas nicht gut zu Gesicht.